
Sind positive Geschichten besser als negative Geschichten?
Es macht kaum einen Unterschied, ob es sich um eine positive Geschichte oder eine negative Geschichte handelt. Natürlich lässt es sich mit einer positiven Geschichte im Kopf viel leichter leben, als mit einer schmerzvollen.Aber wirklich im Moment sein,
dem Leben und anderen Menschen begegnen,
können wir nur,
ohne Geschichte.


„Bei mir ist die Geschichte aber wahr – sie entspricht der Wirklichkeit“:
Ich höre dich leise oder auch etwas lauter protestieren: bei mir ist es aber wahr: ich bin arbeitslos, ich bin allein, ich bin krank. Ich trinke heute gern Kaffee zum Frühstück oder ich fühle Traurigkeit. Ja, wenn du es bei diesen Sätzen im Kopf belässt, dann entsprechen sie der Wahrheit und machen noch kein Korsett, keine feste Identität. Aber meist belassen wir es nicht beim Denken und Aussprechen der Fakten, sondern fügen etwas hinzu und so entsteht die Geschichte: Aus „ich bin arbeitslos“, wird: Ich muss schnell Arbeit finden, niemand braucht 45jährige,… Aus „ich bin allein“, wird: ich brauche einen Partner, niemand mag mich, Männer/Frauen sind blöd 😉 Aus „ich trinke heute gern Kaffee zum Frühstück“, wird: ohne Kaffee, kann man mit mir nichts anfangen. Aus „ich bin traurig“, wird: etwas stimmt mit mir nicht, sonst ginge es mir gut, wie jedem anderen 😉 So wird aus deiner momentanen Tatsachen (die sehr beweglich und veränderlich sind) eine starre Geschichte, in die du dich und dein Leben hineinpresst. Es gibt Lebensphasen (z.B. Pubertät), in denen ist es sehr wichtig eine feste, stabile Identität aufzubauen, aber wenn du diese Phase schon durchlebt hast, kannst du voller Vertrauen deine identitätsstiftenden Gschichterl erkennen und zu deiner Wirklichkeit in diesem Moment zurückkehren und da wirst du vielleicht ein Grummeln im Bauch hören und darauf reagieren oder nicht reagieren… aber du musst keine Story daraus machen…wie z.B: „Ach, ich habe Hunger. Ich sollte etwas essen. Ich kümmere mich immer zu spät um mich. Ich kann einfach nicht für mich sorgen, weil ….“ Und dies ist nur ein einfaches Beispiel, wohin ein kleines Körpersignal führen kann, wenn wir unseren Geschichten freien Lauf lassen und ihnen Glauben schenken.Bewusst Ich:
„Bewusst Ich sein“ heißt somit nicht, dass ich in allen Situationen meine Vorlieben, Stärken, Schwächen, meine Prägungen, meine Muster parat habe. Nein, „Bewusst Ich sein“ heißt für mich, dass ich in diesem Moment mit meinem Körper verbunden bin – wirklich da bin. Dann bin ich bewusst und kann ich sein, weil ich spüre, was in diesem Moment in mir vorgeht.Geschichten in Beziehungen:
„bewusst ich sein“ in Interaktionen bewusst sein in Interaktionen ich sein in Interaktionen Hast du einen Eindruck bekommen, welche Wirkung diese Geschichten auf dich selbst haben? Spüre nun auch den Einfluss der einengenden, nicht-der Wirklichkeit-entsprechenden-Geschichten auf unsere Interaktionen/Beziehungen:Eine Story begegnet der anderen Story – wirkliche Begegnung kann nicht stattfinden.
In der Gegenwart von Babys und kleinen Kindern fällt es uns oft leichter unsere eigenen Geschichten loszulassen, weil sie uns ohne Geschichten begegnen. Manchmal spüren wir wirkliche Begegnung in intimen Beziehungen, wenn wir für kurze Momente ohne unsere Geschichten sind.
Hast du Momente tiefer Begegnung erfahren und hättest du sie gerne öfter in deinem Leben?
…dann lass deine Geschichten los!
Bemerke deine Geschichten, wenn du alleine bist, bemerke sie morgens, abends, mittags, übe mit den Nachbarn, mit PartnerIn, Kindern, ArbeitskollegInnen, der Verkäuferin,… und lass mich wissen, wie es dir dabei geht.
In der sunday-morning-practice am Sonntag üben wir genau dieses „bewusst Ich sein“ und kreieren dabei keine zusätzlichen Geschichten über uns selbst.
Du kümmerst dich um dein „inneres“ Haus, nimmst deinen Raum ein … baust aber keine neuen Geschichten auf (wie z.B. ich habe keine Grenzen, ich bin nie für mich da,…) Im Gegenteil du reinigst dein Haus von den Stories, weil sie nicht wahr sind, dich einengen und dir direktes Erleben in einer Beziehung unmöglich machen.
Übung
Beobachte in den nächsten Tagen, welche Geschichten du dir von morgens bis abends erzählst und lächle deiner/m inneren GeschichtenerzäherIn liebevoll zu. Bemerke, was die Geschichte in dir macht – aber nicht in mit deinem Kopf– sondern spüre den Effekt in deinem Körper… mit Hilfe deines Körpers und nicht mit deinem Kopf wird dir etwas bewusst – im Kopf werden oft nur neue mentale Konzepte/Geschichten geboren. Solltest du einen sanften oder starken Zug verspüren, bei der sunday-morning-practice dabei zu sein, dann schreib mir eine Mail (Anmeldemöglichkeit bis Mittwoch 24.00 Uhr J). Es hat sich schon eine wunderbare Gruppe mit so lieben Menschen gebildet und ich freue mich sehr, wenn du auch dabei bist!
