alles hat seine Zeit

my lovely, mindful day.

Morgen fahre ich mit ein paar Freundinnen und meiner Mama auf ein Retreat in der Nähe von München. Meistens werde ich beim Wort „Retreat“ fragend angeschaut… es handelt sich dabei um eine Zeit des Rückzugs. Bei diesem Retreat werden wir in allen möglichen „Stellungen“ 😉 meditieren. Im Sitzen, im Gehen, beim Essen, beim Sprechen,… d.h. dass wir uns immer wieder daran erinnern, den Geist zu unserem Körper zurück zu holen. Wir wollen das Essen, die Schritte, die Worte wirklich wahrnehmen und nicht mit unseren Gedanken in Fantasiewelten rumhängen. Meist kommt danach ein noch fragender Blick, den ich so interpretiere: „Was bringt dir das?“ Es ist so schön, wahrzunehmen, was in mir passiert und um mich herum, dafür brauche ich die Energie der Achtsamkeit. Diese Energie wird durch’s gemeinsame Praktizieren gestärkt und steht mir dann auch in meinem Alltag zur Verfügung. Weißt du, was ich auf den vielen Retreats, die ich in den letzten Jahren besuchte, am meisten schätzte. Jaaaa natürlich, die Praxis (sitzen, atmen, gehen, austauschen), natürlich die intensiven Erfahrungen, die damit einhergingen. Aber was ich außerdem sehr schätzte, war der strukturierte Zeitplan:
 
Es gab eine Aufweckzeit, eine Sitzzeit am Morgen, Bewegungszeit, Frühstückszeit, Vortragszeit, Zeit für Gehmeditation, wieder Essenszeit, Zeit zum Ausruhen, zum Austauschen, zum Arbeiten, wieder zum Essen… alles hat seine Zeit.
 

Hast du auch oft das Gefühl, dass so viel in deinem Leben ist und alle Dinge gleichzeitig in deinem Leben sind?

Beim Essen, drängt sich die Arbeit rein, beim Ausruhen der Konflikt mit einer Arbeitskollegin, beim Arbeiten die Sehnsucht nach Urlaub.

Es ist so wohltuend, wenn jedes Ding das wir besitzen, seinen Platz hat – genau so angenehm ist es, wenn alle Tätigkeiten seine Zeit haben.

 
Vielleicht war es bei euch zu Hause auch so, dass immer samstags zu einer bestimmten Uhrzeit geputzt wurde. Ich kann mich sogar noch an die Musik von Radio Tirol erinnern, die da immer gespielt wurde (meistens putzte meine Mama und ich lernte für die Schule, was ich damals schon als viel wichtiger empfand ;-)). In bestimmtem Alter nervt diese Regelmäßigkeit und ich wollte niemals so leben und heute bemerke ich, wie heilsam und auch liebevoll es ist, wenn alles seine Zeit hat. Schau mal in deinem Alltag nach? Hat alles seine Zeit oder kämpfen die Dinge untereinander um deine Zeit? Natürlich ist unser Alltag häufig mit viel zu vielen Dingen vollgestopft, aber es ist nicht das alleinige Allheilmittel, die Anzahl der Tätigkeiten zu verringern… Denn auch wenn du weniger zu tun hast, werden sich die anderen Dinge reindrängen, wenn du ihnen nicht fixe Zeiträume gibst, in denen du dich nur um sie kümmerst. Da ich mich sehr nach einem achtsamen, bewussten und einfachen Alltag wie in Plum Village oder anderen Retreatzentren sehnte, habe ich mir genau so einen Zeitplan gemacht.

Jede Tätigkeit hat seine Zeit.

In diesen Zeitfenstern versuche ich mich nur dem zu widmen, dem dieses Zeitfenster gehört. z.B. cooking time. Wenn die Uhr „cooking time“ zeigt, beende ich bewusst meine Arbeit, räume alle Unterlagen weg und wende mich genauso bewusst der nächsten Aufgabe – „kochen“ zu. Wenn sich die Arbeit dazu drängen möchte, dann erkläre ich ihr liebevoll: „Morgen habe ich wieder einen fixen Zeitraum für dich reserviert und werde mich voller Konzentration um dich kümmern.“ Manchmal braucht meine Arbeit öfters diese liebevollen Hinweise, aber sie beruhigt sich, denn sie weiß, sie hat auch ihr Zeitfenster. Diese Struktur hilft mir, dass ich innerhalb dieser Zeitfenster mit den Dingen fließen kann. Ich muss nicht dauernd überlegen: „Was soll ich als nächstes Tun?“ „Was wäre die beste Strategie um möglichst effizient zu sein?“ Und auch das – für mich so kräftezehrende – Multitasking fällt weg. Ich kann mich einfach dem zuwenden, was jetzt auf dem „Programm“ steht.

Kleine und große Widersacher

Spannend finde ich, die inneren Stimmen, die mal nicht so wollen, wie auf dem Plan steht. Auch aus meinen Coachings weiß ich, dass der Plan meistens ein paar Tage hervorragend funktioniert und viel Kraft verleiht, aber spätestens nach einem kurzen Urlaub, einer Erkältung,… kommen die ersten Widersacher, die einfach keine Lust darauf haben. Auch in unserem „normalen“ Alltag – ohne Tagesplan – begegnen wir diesen Widersachern, nur sind sie da nicht so offensichtlich. Z.B. wenn wir täglich morgens Yoga üben möchten und es irgendwie doch nicht schaffen oder uns den Wecker ein paar Minuten früher stellen für eine Morgenmeditation. Meine Strategie ist nicht, den Plan einfach durchzuziehen, wenn nötig, mit einer inneren Peitsche, sondern diese Gefühle willkommen zu heißen. Wahrscheinlich haben sie dich schon so lange gehindert, die Dinge, die dir wichtig sind, in deinen Alltag zu integrieren ohne dass du ihnen wirklich nahe gekommen bist. Jetzt hast du die Möglichkeit mit diesen Gefühlen, Zweifeln, alten Mustern,… wirklich zu sein, mit ihnen zu atmen und mit ihnen (nicht gegen sie) deinen Alltag achtsam zu gestalten. Nimm diese inneren Stimmen (Gedanken) einfach wahr – lächle ihnen zu und mach‘ was du willst. Spüre die Gefühle in deinem Körper und umarme sie mit deinem Atem – dadurch kommen sie ins fließen und blockieren dich nicht länger. Komme immer wieder zurück zum Spüren deines Körpers – er hilft dir die Muster kennen zu lernen und neue Wege zu gehen.

Nun eine Frage, mit der du in dieser Woche üben kannst:

„Hat jede meiner Aktivitäten ihren Platz in meinem Tag oder müssen sie sich um meine Aufmerksamkeit „streiten““?
 
Schritte, wenn du konkret dir selbst in deinem Tag begegnen möchtest: 1. Spüre in deinem Körper, wie sich dein Alltag anfühlt. 2. Spüre den Kampf zwischen den Aktivitäten 3. Schreibe einen groben Plan und spüre seine Kraft 4. Experimentiere mit ihm für ein paar Tage 5. Erkenne die Widersacher und lerne sie gut kennen 6. Passe deinen lovely, mindful day nach ca. 10-14 Tagen an Wie geht’s dir mit diesem Thema? Kennst du die Gefühle und Gedanken, die dich abhalten? Hast du Fragen? Sonnige Grüße