vorbereiten oder leben?

Mönche und Nonnen in der Tradition von Zenmeister Thich Nhat Hanh möchten uns besuchen. Als ich diese Zeilen der wunderbaren Nonne Song Nghiem vom EIAB (European Institut of Applied Buddhism) las, zitterten mir die Knie vor Freude und auch vor Aufregung. So viele Ideen gingen mir sofort durch den Kopf… einen riesigen Raum zu mieten, damit wir alle ihre so wohltuende Präsenz genießen können, Schlafmöglichkeiten und vegane Menüs.   Glücklicherweise erinnerte ich mich schnell daran, wie die Nonnen und Mönche in Plum Village (Praxiszentrum von Thich Nhat Hanh) riesige Feste und Retreats organisierten. Ich bekam von Vorbereitungen selten etwas mit und plötzlich gab es wie aus dem Nichts Kuchen, Kekse und „Showeinlagen“. Es wurde nicht vorbereitet, wie es bei uns üblich ist, sondern es wurde einfach in jedem Moment getan, was zu tun war. Die Ergebnisse dieses „einfachen“ Tuns waren aber sehr beeindruckend.  
Dieses Erlebnis war für mich so spannend, dass ich es näher erforschen wollte:

Wann sind Vorbereitungen freudvoll und nährend?
Wann sind Vorbereitungen anstrengend und kräfteraubend?


  Vielleicht magst du dich an deine letzte Reise oder deinen letzten Umzug erinnern? Wie waren diese Vorbereitungen für dich? Anstrengend, aufregend, wohltuend oder ruhig?   Mein Forschen ist kein Nachdenken über etwas, sondern dass ich in solchen Situationen wirklich in meinem Körper bleibe und wahrnehme, was in mir abgeht. Und so atmete ich immer, wenn ich z.B. Koffer packte und bemerkte, dass es anstrengend wird, wenn ich nur packe um dann später losfahren zu können. Mit anderen Worten, wenn ich das Koffer packen nur als notwendige Handlung sehe UM dann etwas anderes machen ZU können. Wenn ich dem Koffer aber meine volle Aufmerksamkeit schenke, mich nicht dauernd in die Zukunft ziehen lasse (jaaaaaa, das ist beim Packen möglich), sondern meine Bewegungen, meinen Atem spüre, dann wird das Vorbereiten zu gelebtem Leben, wird freudvoll und nährend.   Wenn du magst kannst du in deinem Alltag deine „Um zu’s“ beobachten. Bsp. Kochen um dann Essen zu können… eine Mail schreiben um es erledigt zu haben… die Toilette zu putzen um zu…. 🙂 . Spüre bei diesen „um zu’s“ genau in deinen Körper und du wirst bemerken, dass er sich unwohl fühlt… weil du ihm die Botschaft gibst: das ist nicht das wirkliche Leben, das wirkliche Leben kommt später. Und so hetzt man von einer „Vorbereitung“ zur nächsten und das wirkliche Leben beginnt nie. Sobald du das bemerkst und dann der Handlung deine vollkommene Aufmerksamkeit schenkst, dreht sich dieses Unwohlsein in Freude und Nahrung.  
Und so übe ich nun mit meinem Besuch… immer wenn ich etwas mache um es für die Nonnen und Mönche schön zu machen (klingt ja eigentlich nach einer sehr guten Gastgeberin, oder 😉 kommt leichte „Panik“ in mir auf… wenn ich jedoch die Leintücher raussuche, weil das jetzt zu tun ist und dabei meinen Körper spüre, dann empfinde ich stille Freude und Lebendigkeit in mir. Und mit jedem Hinwenden (und nicht vorausschauen) spüre ich mehr und mehr:
Kein zukünftiges Ereignis ist so wichtig wie der gegenwärtige Moment.
Ich lebe… jetzt!
  Da mich ein Anruf der Schwester Song Nghiem nicht erreichte, war ich ein paar Tage im Ungewissen und am Abend vor ihrer Ankunft war ich mir ganz sicher :-), dass sie verhindert sind und der Besuch nicht stattfinden wird.   Genau an diesem Punkt stellte ich mir die Frage, ob nun alle Vorbereitungen sinnlos wären? Und du wirst es nicht glauben: genau an diesem Punkt traf ich wieder die „umzu’s“. Ich war so dankbar, dass ich kaum Umzu-Handlungen bei der Vorbereitung ausführte, denn ich bemerkte, diese wären bei „nicht-kommen“ der Nonnen und des Mönchs völlig sinnlos gewesen.   Wenn ich die Dusche nur geputzt hätte um für meine Gäste eine saubere Dusche zu haben, dann hätte mein Putzen keinen Wert gehabt. Es wäre eine reine Vorbereitung gewesen. Ohne „umzu’s“ waren bei dieser Tätigkeit Körper und Geist vereint, alle meine Handgriffe bekamen meine volle Aufmerksamkeit und so waren diese Tätigkeiten keine verlorene Zeit (und glaub mir, beim Betreten der Dusche ist das spürbar ;-)).   Genauso das Kochen des Kartoffelgulaschs, Vorbereiten der Betten… all diese Handlungen, hatten ohne mein „umzu“-Denken schon ihren Wert und bekamen ihn nicht erst durch den Besuch – was für eine wunderbare Erfahrung.     So nun werde ich all den Handlungen des Tages die volle Aufmerksamkeit schenken und nichts machen, um es einfach nur zu erledigen… magst du auch?   Mit Liebe und Freude!