- Wie kannst du Zeit verlangsamen und wie beschleunigen?
- Wie kannst du Raum in dir und rund um dich herum empfinden?
mehr Zeit – mehr Raum?
Heute möchte ich dir von meinen Erfahrungen mit dem Besuch der Nonnen und Mönche bei uns zu Hause erzählen und wie du dein Zeit- und Raumgefühl verändern kannst.
Setz‘ dich für einen Moment zu mir. Auch wenn die Neugierde oder Eile schon ein paar Zeilen überspringen möchte… setz dich zu mir… ich spüre gerade meinen Atem, wie er in meinen Bauch strömt und meinen Bauch wieder verlässt. Dieses sanfte Wiegen lädt mich ein, wirklich in mir anzukommen. Genauso kannst du auch in dir ankommen, dich spüren und deine Energie immer mehr in deinen Bauch sinken lassen. Du musst nichts tun, nur der sanften Atembewegung in deinem Bauch für ein paar Momente folgen.
So oft steckt unsere ganze Energie in unserem Kopf. Wir denken, was noch alles getan werden muss und wie wir es am besten angehen können oder wir wiederholen alte Situationen in unserem Kopf. Damit sind wir nicht mit uns selbst in Verbindung und auch nicht mit dem Leben rund um uns herum. Dabei verpassen wir alles, was uns das Leben bietet. Deshalb lade ich dich ein, ein paar Momente dich dem sanften Wiegen hinzugeben und in dir und deinem Leben anzukommen.
Keine Erinnerung, kein Erlebnis, keine Erzählung, keine Information,… ist wichtiger, als dass du bei dir zu Hause bist. Genau dieses Ankommen in mir selbst und das Spüren meines Körpers, waren so wichtig bei diesem Besuch der Nonnen und des Mönchs in der Tradition von Zen-Meister Thich Nhat Hanh (Thay) letzte Woche.
Hier ein paar visuelle Eindrücke, weil Worte so schwierig zu finden sind
Es fällt mir schwer, diesen Besuch zu beschreiben. INTENSIV ist wohl das Wort, das am ehesten passt. Mein Partner war genau an diesen beiden Tagen auf Dienstreise und als er wieder zurückkam, hatte ich den Eindruck, als wäre er mindestens eine Woche weg gewesen. Wir haben mit unserem Besuch nicht besonders viel getan, oder – von außen betrachtet – erlebt, aber wir kamen ganz in uns selbst an und das Zeitgefühl veränderte sich. Wir verloren uns nicht in sinnlosem Tun oder Denken, sondern „bewegten“ uns immer mehr in unsere Mitte, indem wir das taten, was gerade zu tun war.
Umgang mit Zeit:
Oft wollen wir Zeit gewinnen, indem wir mit unserem Denken in die Zukunft streben, planen und vorwärts schauen. Doch genau dieser Blick nach vorne lässt uns unsere Zeit nicht erleben, sondern sie fließt rasend schnell an uns vorbei. Was mir dabei aufgefallen ist, dass wir mit unserem Denken zeitliche Fixpunkte in unserem Alltag machen. Z.B. 08.00 Uhr Start mit der Arbeit… 12.00 Uhr Mittagessen,… diese Struktur ist sehr wichtig. Doch beobachte dich mal in deinem Alltag, was hast du mehr im Auge: den Fixpunkt oder den Raum dazwischen.
Ich erwische mich oft dabei, dass mein Fokus auf den Zeitpunkt gerichtet ist und dann erlebe ich den Zeitraum dazwischen als Stress. Ist der geplante Zeitpunkt jedoch nur ein Hinweisschild und ich BIN im „Raum“ zwischen den Fixpunkten, fühle ich mich lebendig und im Moment.
Natürlich hatte ich als Gastgeberin Fixpunkte im Auge, aber die Präsenz der Nonnen und des Mönchs, ließen mich immer im Zeitraum verweilen und dadurch dehnte sich für mich das Zeitempfinden.
Es ist so paradox, aber: je mehr wir vorwärts streben, viel in der Zukunft sind, viel planen, vorausschauen, effizienter sein wollen, umso mehr stellt sich in uns das Gefühl von Hektik, Stress, funktionieren müssen und getrieben sein ein. Die Zeit vergeht rasend schnell, ohne dass wir es mitbekommen. Wenn wir jedoch in uns selbst ankommen (z.B. Körper) verändert sich unser Zeitempfinden – es ist so als würde sich die Zeit dehnen.
Intensität – Lebendigkeit
Genau so paradox geht es uns oft mit unserer Lebendigkeit. Wir versprechen uns durch viele Erlebnisse mehr an Lebendigkeit. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Durch die Anhäufung von Erlebnissen und Informationen fühlen wir uns oft leer, funktionierend und nicht lebendig. Wenn wir hingegen den Verstand wieder genau zu dem Ort zurück bringen, wo der Körper gerade ist, nimmt unsere Lebensintensität zu.
Und so haben wir mit den Nonnen und dem Mönch gegessen, wenn Essenszeit war, mein Sohn machte mit dem Mönch Hausaufgaben, wenn das nötig war und jede/r zog sich zurück, wann er/sie Ruhe brauchte. Alles sehr unaufgeregt, sehr fließend, unkompliziert.
Veränderung des Raumgefühls:
Vielleicht hattest du in den letzten Wochen auch mal Übernachtungsgäste… wie war das für dich? Oft verändert sich das eigene zu Hause innerhalb von ein paar Minuten in ein Schiff in starkem Wellengang – die Menschen kommen mit ihren Geschichten, Gefühlen und Gepäck und nehmen viel Raum ein.
Schon in der Vorbereitung auf unseren Besuch hatte ich niemals Angst zu wenig Platz mit ihnen zu haben… weil ich sie schon in früheren Begegnungen als sehr leicht und wenig Raum einnehmend wahrnahm. Und genauso fühlten sie sich in unserer Wohnung an, niemals stand jemand von ihnen im Weg 🙂 ich hatte keine Platzangst (obwohl wir viel, viel Besuch in diesen beiden Tagen hatten) und meine Wohnung kam mir größer vor, als sie mir oft zu Dritt erscheint.
So begegnen wir einem weiteren Paradox: Diese Nonnen und Mönche praktizieren den ganzen Tag wirklich hier zu sein. Sie bringen ihren Geist immer wieder zurück zu ihrem Körper/Atem – sie sind vollkommen hier in diesem Raum – sie nehmen ihren (Körper-)Raum ein und genau dadurch bringen sie Leichtigkeit und Weite in die Orte, in denen sie sind. Und das war für uns alle so sehr spürbar. Jede/r von uns bekam genau das, was sie/er brauchte… Leichtigkeit, Weite im Herzen, Ruhe,…
Du kannst dir vorstellen, dass deine inneren Geschichten und Gedanken genauso Raum einnehmen, wie dein physischer Körper und so kann es bei einer hitzigen Diskussion oder Streit schon mal recht eng werden ;-). Und wie hilfreich und angenehm sind oft Menschen, die ihren Raum einnehmen (vollkommen hier sind), aber nicht viel Raum brauchen 🙂 und dabei so viel geben.
Vielleicht magst du damit in den nächsten Tagen etwas spielen: